Nach Corona ist vor Corona

Corona - Die Krönung aller Pandemien hat uns die Fragilität unseres Glaspalastes einmal mehr vor Augen geführt. Sie hat uns gezeigt wie wichtig soziale Kontakte sind, wie schnell sich die Natur vom Virus Mensch erholen kann wenn der sich ein paar Monate weggesperrt und sie hat viele von uns zum Nachdenken bewegt.

Die Abstinenz vom Hamsterrad, der kalte Entzug, hat unseren Blick auf Arbeit, Familie, Natur und uns selbst ernüchtert. Plötzlich so ganz ungeschminkt, haben sich einen erschrocken und haben sich hinter Türen, Bildschirmen und Masken versteckt. Die anderen haben sich Selbst, ihre Partner, Kinder, Familie nach Jahren erstmals (wieder)erkannt.

Die nun erfolgende Lockerung ist somit dem einen ein aufatmen und dem anderen ein durch mehrere Masken erschwertes Weiteratmen.

Es stellt sich mir die Frage, was wir aus den gewonnenen Erkenntnissen machen? Ich beobachte zwei Trends, meiner Ansicht nach leider weder besonders nachhaltig noch besonders innovativ:

- alles wird (vir)tueller und (social)distanzierter und online(r)
- vieles wird lokaler

- das meiste anonymer (sogar unsere Gesichter)
...


Kurzum, wir kaufen online beim Supermarkt um die Ecke über eine Onlineplattform und fahren mit dem Pedelec zum nächsten See statt ans Meer und haben keine Angst mehr die Bank unseres vertrauens mit Maske zu betreten. 


In allen Krisen steckt eine Chance. Doch wer ausser Amazon, Google, Facebook und Co. haben denn in dieser Krise die Chance genutzt? Wer hat zwischen Krisenmanagement in Firma und Familie, dem Streß des drohenden Klopapierausgangs, der Angst um Job, Wohlstand und die Zahlung der nächsten Hypothekenrate für Haus und Kinderspielzeug die Zeit genutzt um die Krise zu nutzen? Sich selbst und die eigene Lebensweise, Strukturen und Gewohnheiten zu hinterfragen? Wer hat nach anfänglicher Schockstarre den Fluchtreflex (Netflix, Wohnungsrenovierung, die tägliche Flasche Rotwein am Abend…) und die darauffolgende Apathie (bis Mittag schlafen um dann direkt vom Mittagsschlaf in die Abendruhe überzugehen oder stundenlang einer Stubenfliege zuzuschauen während man im 15 min Tag den Newsfeed des Smartphones checkt um die neuesten Corona News zu haben…) überwunden um zum wahren Sinn der Krise vorzudringen?

Einer Krise die uns die Vulnerabilität unseres Daseins in eine Zeit meines Lebens nie da gewesenen Form vor Augen führt:

- Wie steht es um unsere Entscheidungsfreiheit?
- Wie steht es um unsere Demokratie?
- Wie steht es um unsere Solidarität?
- Wie steht es um unsere Umwelt?
- Wie wichtig ist uns der menschliche Kontakt?
- Welche Bedürfnisse können und wollen wir durch Technik ersatzbefriedigen?
- Was bedeutet das für die Existenz (die Eigene, des Unternehmens, der Menschheit… unseres Planeten)

Ich habe das Gefühl, dass jedoch viele von uns erst dann in die ERNSTHAFTE Reflexion kommen, wenn dieser Ausnahmezustand zum Dauerzustand oder Wellenzustand wird.

Zum Glück gibt es noch die Anderen von uns diejenigen, die wenn der Sturm draußen besonders tobt und alles umherwimmelt erst mal im inneren ein Feuerchen anmachen. Diejenigen die lieber in den Spiegel als in die Glaskugel oder in das Smartphone schauen (ja ich weiss es gibt eine Selfifunktion :-).

Es sind diejenigen die sich neben der Notwendigkeit, Familie und Arbeit und Coronakonzepte sowie Krisenmanagement mehr Zeit für die erlaubten Kontakte genommen haben und dort die Qualität gesteigert haben. Diejenigen die bei den vielen Spaziergängen in der Natur sich seit langem wieder mal die Frage gestellt haben: „Wofür das alles eigentlich?“ und diejenigen die durch den Ausstieg aus dem Hamsterrad erst verstanden haben, dass Sie in einem drin stecken.

Diese Menschen fragen Sich … und was nun? So weiter wie früher geht ja nicht mehr…

Patentrezepte gibt es nicht, doch ist es deren Suche und deren Kreativität die Chance auf eine wirklich nachhaltige individuelle aus der sich dann eine gesamtgesellschaftliche Veränderung ergibt. Davon bin ich überzeugt.